Tag des Ehrenamts Anton Hanf ist Lesepate und mit 72 Jahren „Klassenältester“ an der Johann-Wallraf-Grundschule

Interview | Bornheim · Die Stadt Bornheim dankt an diesem Wochenende 250 Ehrenamtlichen für ihr Engagement. Einer von ihnen ist Anton Hanf. Der 72-Jährige unterstützt Grundschüler beim Lesen und Schreiben lernen – und wurde dafür von den Kindern schon mal gefeiert „wie ein Popstar“.

Leseförderung an der Bornheimer Johann-Wallraf-Grundschule: Anton Hanf unterstützt ehrenamtlich Schüler in der Klasse von Sabine Bulian beim Lesenlernen.

Leseförderung an der Bornheimer Johann-Wallraf-Grundschule: Anton Hanf unterstützt ehrenamtlich Schüler in der Klasse von Sabine Bulian beim Lesenlernen.

Foto: Antje Jagodzinski

Zum Internationalen Tag des Ehrenamts am 5. Dezember möchte die Stadt Bornheim Bürgern danken, die sich unentgeltlich für gute Zwecke einsetzen. Stolze 250 Anmeldungen aus vielfältigen Bereichen wie beispielsweise Sport, Flüchtlingshilfe, Kirchen, Rettungsdienste und Brauchtumspflege habe sie für das gemütliche Beisammensein an diesem Sonntag erhalten, sagt Ehrenamtskoordinatorin Sabine Hübel: „In dieser Größe gab es den Ehrenamtstag noch nicht.“ Nach pandemiebedingter Pause hätten ihr viele Ehrenamtliche die Rückmeldung gegeben, dass sie sich auf ein Wiedersehen und einen Austausch freuten.

Einer der Ehrenamtlichen, dessen Engagement für viele unsichtbar bleibt, ist Anton Hanf. Der 72-Jährige ist seit sechs Jahren Lesepate in der Klasse von Sabine Bulian an der Johann-Wallraf-Grundschule. Einen Jahrgang von Kindern haben die beiden gemeinsam von Klasse 1 bis 4 begleitet, nun hilft er der nächsten Generation Kinder in der zweiten Klasse. Über ihre gemeinsame Arbeit, die Bedeutung von Leseförderung sowie über Schule früher und heute sprachen die beiden mit GA-Redakteurin Antje Jagodzinski.

Wie ist es dazu gekommen, Herr Hanf, dass Sie sich hier an der Wallraf-Grundschule als Lesepate engagieren?

Anton Hanf: Das war im Grunde der General-Anzeiger schuld. Da gab es 2016 einen kleinen Artikel „Stadt Bornheim sucht Lesepaten“ und darauf habe ich mich gemeldet. Als dann die Frage aufkam, an welcher Schule, dachte ich mir, ich gehe am besten dahin, wo ich selbst vor 66 Jahren eingeschult worden bin, und mein Sohn und meine Tochter später auch.

Was machen Sie als Lesepate?

Hanf: Ich helfe den Kindern beim Lesen und beim Schreiben.

Das heißt, Sie lesen nicht vor, sondern lesen mit den Kindern?

Hanf: Ja, mit den Kindern, während des Unterrichts.

In welchen Situationen kommt der Lesepate denn zum Einsatz, Frau Bulian?

Sabine Bulian: Eigentlich schon mit der Begrüßung, also er ist komplett mit eingebunden. Wir begrüßen uns, dann werden die Aufgaben für den Tag vorgestellt und geschaut, wer von den Schülern braucht ein bisschen mehr Unterstützung, der geht zum Herrn Hanf. Er unterstützt Kinder, die noch eine zweite Erklärung brauchen, geht die Aufgaben noch mal durch, lässt das Kind vorlesen, erklärt Wörter. Und zwischendurch wird immer wieder getauscht.

Der Lesepate ist also vor allem für diejenigen Kinder da, die mehr Hilfestellung brauchen?

Bulian: Nein, nicht nur, auch die Schüler, die weiter sind, bekommen die entsprechende Leseförderung. Wir haben zum Beispiel fürs erste und zweite Schuljahr Lesekarten als weitergehende Aufgabe, bei denen die Kinder vorlesen und dann eine richtige Antwort auswählen müssen. Herr Hanf schaut dann, ob es richtig ist.

Hanf: Oder Frau Bulian merkt, einem Kind wird es langweilig, dann übernehme ich mit ihm eine uns zugeteilte Leseaufgabe.

Das ist ja Luxus, so eine Unterstützung in der Klasse zu haben, oder?

Bulian: Total! Das ist ein absoluter Schatz – nicht nur für die Kinder, auch für mich. Denn es gibt auch viele Kinder, die keine Großeltern in der Nähe haben, und die lernen dann zum Beispiel auch den Respekt vor dem Alter, und dass man von dem anderen noch viel erfahren kann.

Also geht es nicht nur um die Leseförderung und -hilfe, sondern auch um das Zwischenmenschliche?

Bulian: Ja, das ist auch ganz, ganz wichtig. Herrn Hanf war es wichtig, dass er nur in einer Klasse zum Einsatz kommt. So kommt es auch zu einer Wertschätzung, die man von beiden Seiten erfährt. Für die Kinder ist das auch eine Struktur, zu wissen, Herr Hanf ist nur bei uns.

Wie oft kommen Sie in die Klasse?

Hanf: Drei Mal die Woche für jeweils eine bis drei Stunden.

Und warum haben Sie sich seinerzeit als Lesepate gemeldet?

Hanf: Ich wollte etwas Sinnvolles tun. Der Artikel damals kam für mich wie gerufen. Dieses Ehrenamt hält mich jung, hält mich geistig fit, ich lerne noch etwas dazu. Ich weiß jetzt zum Beispiel, was eine Verhaltensampel ist, und dass man auf der Ampel runterrutschen kann (lacht). Es macht mir einfach Spaß. Wenn ich in strahlende Augen schaue, wenn die Kinder einen schwierigen Satz gelesen haben, mehr brauche ich nicht.

Wenn Sie das vergleichen mit Ihrer eigenen Schulzeit, Sie waren ja sogar auch hier an der Schule, was ist anders?

Hanf: Oh, von Schwarz auf Weiß! Die Kinder werden hier sehr gefördert. Bei uns war Stillsitzen das Erste. Einmal mit dem Tintenfassdeckel geklappert, Strafarbeit. Unheimliche Disziplin, absoluter Gehorsam. Das waren schon ganz andere Zeiten.

Warum ist denn heutzutage gerade die Leseförderung so wichtig, Frau Bulian, dass die Schulen da auf Paten setzen?

Bulian: Die Kinder haben ja nicht immer die Möglichkeit, dass sich jemand mit ihnen zu Hause hinsetzt, um zu lesen und danach über das Gelesene zu sprechen. Deshalb ist es einfach so wichtig, dass es jemanden gibt, der sich Zeit nimmt, nur für dieses Kind, nur mit ihm liest und es auch ernst nimmt und darauf eingeht. Anfangs war Herr Hanf ausdrücklich nur als Lesepate eingesetzt, aber wir haben schnell gemerkt, es geht auch mehr. So haben wir seine Aufgaben nach und nach erweitert.

Hanf: Ja, es ist einfach über die Jahre gewachsen. Ich finde es auch wichtig, dass die Kinder eine gewisse Kontinuität haben.

Bulian: Wir sind jetzt im Grunde wie ein Team. Und auch die Wertschätzung der Kinder ist enorm. Sie nehmen Herrn Hanf auch mal in den Arm und freuen sich einfach, ihn zu sehen.

Was muss ein Lesepate oder eine Lesepatin mitbringen?

Bulian: Zeit, Geduld, Flexibilität, und die Person sollte der deutschen Sprache mächtig sein. Es gibt Lesepaten, die nicht im Klassenraum unterstützen, sondern in einem extra Raum, aber das wollte Herr Hanf nie. Indem er in der Klasse dabei ist, weiß er genau, was der Stand der Dinge ist, und er gehört einfach dazu. Er nennt sich ja selbst „der Klassenälteste“.

Gibt es eine Situation, die Ihnen beiden besonders in Erinnerung geblieben ist?

Bulian: Ja. Selbst Corona konnte uns nicht trennen. Wir haben mit den Kindern Briefe geschrieben, Herr Hanf hat uns Videos geschickt, und so ist der Kontakt nie eingerissen.

Hanf: Und das allerschönste Erlebnis war dann, als ich wieder in die Schule durfte – ich bin begrüßt worden wie ein Popstar! Das war gigantisch.

Wer sich ebenfalls als Lesepate an einer Bornheimer Schule engagieren möchte, meldet sich bei Ehrenamtskoordinatorin Sabine Hübel, Tel.: 02222/945-209, E-Mail: sabine.huebel@stadt-bornheim.de

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