Expertenmeinung von Alex Feuerherdt Deswegen war das Tor des 1. FC Köln doch regelkonform

Analyse | Köln · Nach dem 1:1 des 1. FC Köln gegen Eintracht Frankfurt herrschte große Einigkeit über das Traumtor von Jan Thielmann. Es hätte nicht zählen dürfen, sagten die Protagonisten. Das sieht Schiedsrichter-Experte Alex Feuerherdt anders.

1. FC Köln: Deswegen war das FC-Tor gegen Frankfurt regelkonform
Foto: dpa/Arne Dedert

Die Diskussionen fanden auch nach dem Schlusspfiff der Begegnung zwischen dem 1. FC Köln und Eintracht Frankfurt kein Ende. Eintracht-Torhüter Kevin Trapp sprach zunächst eindringlich mit Schiedsrichter Martin Petersen und fand anschließend auch an den TV-Mikrofonen von Dazn deutliche Worte. „Wenn einer von Köln bei dem Tor vor mir steht, dann ist es auch abseits. Ich sehe den Ball nicht“, sagte der Nationalspieler. Stein des Anstoßes war der Treffer von Jan Thielmann. Der Kölner Youngster hatte aus sechzehn Metern maß genommen und ein Traumtor erzielt. Ein Tor, das allerdings nach einhelliger Meinung der Beteiligten nicht hätte gelten dürfen. Denn Florian Dietz stand beim Schuss minimal im Abseits und nach Ansicht der Protagonisten in der Sichtlinie des Frankfurter Keepers. „Der Stürmer steht in der Linie mit dem Torwart, dann ist es abseits“, sagte Eintracht-Trainer Oliver Glasner. Selbst FC-Coach Steffen Baumgart stimmte zu: „Ich habe im Spiel nicht gesehen, dass Flo in der Schussbahn steht. Wenn er im Abseits steht, dann ist es eine Behinderung.“ Große Einigkeit herrschte demnach nach dem 1­:1.

Doch ganz so eindeutig war die Szene dann doch nicht. Zumindest nicht in diese Richtung. „Im Moment des Torschusses von Thielmann ist es nicht Dietz im Abseits, der Trapps Sichtlinie zum Ball verdeckt, sondern es sind es zwei Frankfurter, nämlich Tuta und auch Jakic“, sagt Alexander Feuerherdt, Schiedsrichter-Experte und Mitbetreiber des Podcasts „Colinas Erben“. „Beim so genanten Sichtlinienabseits ist zwar nicht nur der Moment des Torschusses maßgeblich, aber er ist besonders wichtig, weil sich in ihm entscheidet, wohin der Ball kommt. Dass Trapp das erst spät erkennt, liegt an seinen Mitspielern.“ Das sieht der Frankfurter Keeper anders. „Natürlich stehen da auch Spieler von meiner Mannschaft. Der Dietz steht im Abseits und ich verstehe nicht, warum man das nicht rigoros abpfeift. Jede Woche haben wir Diskussionen über diese Tore“, so Trapp.

“Die beiden Situationen sind auch nicht identisch“

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Foto: dpa/Marius Becker

„Zwar ist der Ball auch für einen Sekundenbruchteil von Dietz verdeckt, als er am Kölner vorbeifliegt. Aber dieser Sekundenbruchteil ist nicht entscheidend dafür, dass Trapps Möglichkeit, den Ball zu spielen, beeinflusst wird“, sagt Feuerherdt. „Dietz verhält sich zudem passiv, er unternimmt keine klare Bewegung zum Ball oder vom Ball weg. Somit ist auch nicht aus einem anderen Grund als der Sichtlinie ein strafbares Abseits gegeben.“

Dennoch fühlten sich die Kölner zum zweiten Mal in einer ähnlichen Situation im Glück. „Die gleiche Situation hatten wir gegen Schalke, da wurde das Tor zurückgenommen“, sagte Baumgart. Am ersten Spieltag hatte Schalkes Rodrigo Zalazar die vermeintliche Führung gegen den FC erzielt. Der Treffer wurde nach Videoansicht nicht gegeben, weil Maya Yoshida unmittelbar vor Marvin Schwäbe gestanden hatte. „In der Situation könnte man auch sagen, dass Flo in der Sicht des Torwarts gestanden hat. Dann hätte es auch weggenommen werden können. Jetzt haben wir zum zweiten Mal Glück gehabt, das habe ich bislang auch noch nicht gehabt.“ Für Feuerherdt handelt es sich um zwei unterschiedliche Situationen. „Der Unterschied zum Schalker Tor ist zweifellos ein gradueller. Yoshida befand sich deutlich näher an Torwart Schwäbe als Dietz an Trapp und zudem direkt vor ihm. Das macht eine Beeinträchtigung der Sicht zum Ball wahrscheinlicher“, sagt der Experte.Hinzu kommt, dass Yoshida im wichtigen Moment des Torschusses in der Sichtlinie des Torhüters war und diesen dazu zwang, den Kopf zu recken. Das hat seine Möglichkeit beeinflusst, den Ball zu spielen oder spielen zu können.

Eintracht Frankfurt - 1. FC Köln
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Der Experte betont aber auch, dass beide Situationen nicht eindeutig sind und sich im Graubereich bewegen. „Dass es Irritationen darüber gibt, dass sie unterschiedliche Entscheidungen nach sich zogen, ist verständlich. Aber die beiden Situationen sind auch nicht identisch“, erklärt Feuerherdt. Baumgart störte indes viel mehr, dass in der Aktion vier Situationen untersucht wurden. „Wenn wir jetzt vier Situationen raussuchen, ob ein Tor ab- oder anerkannt wird, dann finde ich es schwierig. Da treffe ich im jeden Training klarere Entscheidungen.“

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