Bitteres Aus im Achtelfinale Hat sich der 1. FC Köln aus dem Pokal rotiert?

Köln · Steffen Baumgart, Trainer des 1. FC Köln, setzte gegen den Hamburger SV auf einige Reservisten, obwohl er vom Finale in Berlin träumt. Das Risiko zahlte sich nicht aus.

Fand gegen den Hamburger SV nicht so recht ins Spiel: Kingsley Schindler (links).

Fand gegen den Hamburger SV nicht so recht ins Spiel: Kingsley Schindler (links).

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Als der 1. FC Köln am Dienstagabend wie gewohnt eine Stunde vor Spielbeginn die Startelf für den Pokalfight gegen den Hamburger SV veröffentlichte, gab es bei den Fans und Experten wenig Grund, sich verwundert die Augen zu reiben. Zwar hatte der Kölner Trainer seine Startelf im Vergleich zur Bayern-Pleite am Samstag gleich auf sechs Positionen geändert, doch der Pokal hat ja bekanntlich seine eigenen Gesetze.

Und die Begegnung gegen den VfB Stuttgart in der zweiten Runde hat bereits gezeigt, dass eines dieser eigenen Gesetze besagt: Steffen Baumgart vertraut im Pokal der gesamten Breite des Kaders. Er rotiert. Auch im Vorfeld des Duells hatte Baumgart schon Veränderungen in der Formation angekündigt. Die Jungs hätten hart gearbeitet und sich einen Einsatz verdient. Nur passte dieses Mal der vermeintliche B-Anzug dem FC an diesem Abend nicht so recht.

Kingsley Ehizibue bewies sich zwar als häufiger Unruheherd, doch weitestgehend in der eigenen Defensive. Kingsley Schindler konnte nicht an die Leistungen vor der Weihnachtspause anknüpfen und Sebastian Andersson machte im Kölner Angriff in zahlreichen Situationen nicht die beste Figur.

Einigen Spielern fehlte die Bindung

Baumgart verteidigte die Maßnahme nach dem Spiel dennoch. „Ich kann ja nicht von meinem Kader sagen, dass ich glaube, ich habe keinen Kader A und B, sondern dass ich einen ausgeglichenen Kader habe“, sagte der Trainer. „Wenn ich den Jungs das vermitteln will, dann muss ich das auch machen.“ Auch Thomas Kessler nahm den Trainer für die Maßnahme in Schutz. „Über Trainings- und Spielleistungen haben sich die Jungs empfohlen, von Beginn an zu spielen. Wenn man ausscheidet, kann man die Diskussion über Rotation immer führen“, sagte der Leiter der Kölner Lizenzspielabteilung am Mittwoch. „Das wäre aber nicht fair, da wir von Beginn an eine Mannschaft auf dem Platz hatten, die in der Lage war, die Partie nach 90 oder 120 Minuten zu entscheiden.“

In der Tat bewegten sich die Mannschaften auf Augenhöhe, der FC hatte zahlreiche gute Möglichkeiten, verwertete diese aber nicht. Und doch fehlte ganz offensichtlich einigen Spielern die Bindung zum Team. „Es gibt Trainer, die auf eine Rotation setzen, aber auch die, die auf ein eingespieltes Team setzen“, sagt Professor Daniel Memmert vom Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik der Sporthochschule in Köln. „Bei der gleichen Startelf sind die Spieler natürlich eingespielt, die Automatismen greifen eher. Andere Spieler sind dagegen hinten dran, sonst würden sie in der ersten Elf stehen.“ Doch der Experte betont auch: „Auf der anderen Seite ist es aber auch die Stärke eines Trainers, die anderen Spieler zu integrieren, sie bei Laune zu halten.“

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Foto: dpa/Marius Becker

„Die Frage wird er sich gefallen lassen müssen“

Dass Baumgart das kann, steht außer Frage. Während der gesamten Saison setzte der 50-Jährige immer wieder auf seine Reservisten, oft mit zählbarem Erfolg. „Es hat uns in den vergangenen Wochen ausgezeichnet, dass die Jungs, die von der Bank gekommen sind, oft für die Entscheidung gesorgt haben“, sagt Kessler. „Viele Punkte, die wir vor Weihnachten geholt haben, haben wir Spielern zu verdanken, die gebrannt haben, eingewechselt zu werden.“ Baumgart schenkt seinem Team so Vertrauen, stärkt den Teamgeist, wirkt dadurch authentisch. Doch gerade diese Glaubwürdigkeit hat einen kleinen Kratzer erfahren.

Noch vor dem Pokalspiel betonte der Trainer, wie wichtig ihm eine Finalteilnahme in Berlin sei. Das sei sein großer Traum. Doch Baumgart riskierte viel, rotierte Stammkräfte wie Anthony Modeste, Salih Özcan und Benno Schmitz auf die Bank, Jonas Hector auf die Sechs. Und das in einem Entscheidungsspiel und nicht etwa in einem Ligaduell, obwohl sich der FC in der Saison in ruhigen Fahrgewässern bewegt. „Das kann man mit einem Matchplan vermutlich nur unzureichend erklären. Wenn ich ins Pokalfinale möchte, stelle ich auch meine beste Elf auf“, sagt Memmert. „Die Frage wird er sich gefallen lassen müssen.“

Baumgart brachte zwar im zweiten Abschnitt die vermeintlichen Leistungsträger Modeste, Özcan, Ondrej Duda, Florian Kainz und Schmitz. Doch auch die sonstigen Stammkräfte bekamen nur wenig Zugriff auf das Spiel. Immerhin rettete Modeste die Geißböcke in der letzten Minute der Verlängerung in das Elfmeterschießen. Das dann aber mit dem Fehlschuss von Florian Kainz ein tragisches Ende nahm. „Ich stehe zu den Entscheidungen“, sagte der Kölner Coach. „Wenn man verliert, hat man etwas falsch gemacht, aber es waren nicht die Wechsel.“ Der Traum vom Pokalfinale ist so oder so ausgeträumt.

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