Freude an Technik und Teamarbeit So wird die Jugend in Vilich auf das „THW-Leben“ vorbereitet

Vilich · In blauer Kluft und mit gelbem Helm auf dem Kopf übt die Jugend des THW-Ortsverbands Beuel donnerstags Technik und Teamarbeit. Was motiviert die jungen Menschen? Wollen sie sich später aktiv in der Zivil- und Katastrophenhilfe engagieren?

Training für die Grundausbildung: Ben von der Jugendgruppe des THW-Ortsverbands Beuel halbiert bei der Übungsstunde ein Rundholz.

Training für die Grundausbildung: Ben von der Jugendgruppe des THW-Ortsverbands Beuel halbiert bei der Übungsstunde ein Rundholz.

Foto: Benjamin Westhoff

„Los, zieh‘ du das mal unten durch“, ruft ein Junge. „Warte, ich hab‘ meine Hand noch hier“, warnt ein anderer. Kommandos und reges Werkeln bestimmen die ersten Minuten der Übungsstunde der Jugendgruppe des Beueler Ortsverbands (OV) vom Technischen Hilfswerk (THW) am Donnerstagabend. Rund 20 Kinder und Jugendliche, die meisten in blauer Uniform und mit gelbem Helm auf dem Kopf, wuseln über das Gelände bei Vilich.

Heute wird ein sogenannter Tonnensteg gebaut. Zwei Gerüste simulieren das Flussufer, zwei schwarze Becken das Flussbett. „Das ist die Vorbereitung aufs THW-Leben“, so fasst Jugendbetreuer Jerome Klein die Arbeit der Jugendgruppe zusammen. Die Bundesanstalt THW wurde 1950 als Zivil- und Katastrophenhilfsorganisation in Bonn gegründet, für die sich überwiegend Ehrenamtliche in Ortsgruppen engagieren. Seit 1970 gibt es die Jugendgruppe in Beuel.

Die 14-jährige Julie aus Troisdorf ist seit vier Jahren bei der THW-Jugend, bei der Kinder ab zehn Jahren mitmachen können. „Mir gefällt der Zusammenhalt. Es macht Spaß, zusammenzuarbeiten und neue Leute kennenzulernen“, sagt sie. Ihre Lieblingsübung ist die Bergung, bei der sich ein Gruppenmitglied im Tunnelsystem unter der Rasenfläche versteckt, und der Rest sucht.

„Wasser, Marsch!“, ruft Julie und hält einen Schlauch in eines der Becken. „Achtung, vom Schlauch weg!“ Das Wasser rauscht los und wird im Laufe der Stunde einigen Kindern noch viel Freude bereiten. „Nicht spritzen, sonst geht ihr wieder nass nach Hause“, sagt Jugendbetreuer Boris Konopasek halb ernst. Er scheint zu wissen, dass die Ermahnung nicht viel bringen wird.

Spielerisch, aber nicht langweilig

„Man kann nicht so streng sein wie bei den Erwachsenen, zu spielerisch darf es aber auch nicht sein, sonst langweilen sie sich“, sagt der 37-Jährige. Seit 1997 war er selbst in der Jugendgruppe und ist seit 2001 mit kleinerer Unterbrechung als Jugendbetreuer und Helfer beim THW aktiv. Mittlerweile ist er Gruppenführer, wo er auch Helfer für die Jugendarbeit rekrutiert. Es gebe fünf Jugendbetreuer, einen, der die Verwaltung mache, und zwei Reserve-Helfer, falls ein Einsatz anstehe, erklärt Konopasek.

Das THW darf als staatliche Behörde keine Jugendgruppe haben, erklärt OV-Sprecher Cedric Biescker. Deshalb wird sie vom Helferverein getragen, der durch Spenden finanziert wird. „Die Jugend sind die Helfer der Zukunft“, sagt Biescker. Wenn die Jugendlichen nach dem Schulabschluss in der Region blieben, blieben sie auch oft beim THW.

In einer Ecke der Anlage befestigt der Nachwuchs zwei blaue Tonnen mit Spanngurten an einem Holzrahmen. Ein paar Meter weiter binden Kinder mit Seilen zwei Holzplanken und Rundhölzer zu einem Steg zusammen. Die Knoten und Windungen heißen Mastwurf, Halbschlag oder Kreuzbund. Ein paar Karten zeigen, wie man die Seile richtig wickelt. „Guck` mal, hier ist das locker“, sagt Boris Konopasek und ruckelt an der Konstruktion.

„Alles, was hier aufgebaut ist, ist auf dem Niveau der Erwachsenen“, sagt der Jugendbetreuer. Der Nachwuchs aus der Jugendgruppe langweile sich deshalb bei der Grundausbildung später erstmal, die die Jugendlichen ab 16 Jahren machen dürfen, um dann ab 18 Jahren aktive Helfer zu werden.

Ben, der gerade ein Rundholz mit einer Säge halbiert, ist im Dezember über einen Freund zum THW gekommen und macht jetzt die Grundausbildung. „Ab April, Mai bin ich dann vollwertiges Helfermitglied“, sagt der 17-Jährige. „Mir gefällt die Herausforderung. Das sind hier keine alltäglichen Aufgaben.“ Im Ernstfall sind die erwachsenen Helfer in Krisen wie der Flut in der Region im Juli 2021 im Einsatz. „Man muss Spaß daran haben, Leuten zu helfen“, sagt Ben.

Viele THW-Helfer zuvor in der Jugend

Die Jugendarbeit ist für das THW wichtig: Viele Truppführer und Jugendbetreuer waren in der Jugend, erzählt Konopasek, so wie er selbst. Sein Jugendbetreuer von damals, Michael Funke, sitzt auf einer Bank und beobachtet die Übungsstunde. „Das Witzige ist, dass aus dieser Tätigkeit mein Beruf geworden ist: Ich bin Lehrer geworden“, sagt der Troisdorfer, der zehn Jahre lange Jugendbetreuer war. Dafür ist heute sein Sohn Florian zum ersten Mal in der Jugendgruppe, der gerade seinen ersten Knoten fertig gebunden hat. Wie es ihm bisher gefällt? „Super“, sagt der 14-Jährige. „Ich interessiere mich fürs Handwerk, für Technik, etwas zusammenzubauen.“

Vier Kinder setzen die Tonnen-Konstruktion auf die Becken. Sie schwimmt. Sechs Gruppenmitglieder tragen ihr Tagwerk, einen Holzsteg, herbei, die mit Spanngurten an einem kürzeren Steg befestigt wird. Die Tonnen wippen darunter auf und ab. „Na, wer will da rübergehen?“, fragt Ben. Konopasek testet die Konstruktion unter den Blicken der Gruppe, und sie hält. „Tada“, ruft ein Kind. „Nur wegen meines Knotens“, sagt ein Junge, halb im Scherz. Jetzt dürfen alle der Reihe nach über den Steg laufen. Manche haben es eilig, andere hüpfen darüber. Julian (11) schlendert. „Ich habe volles Vertrauen in die Balken und Knoten“, sagt er. „So kompliziert wie die Knoten sind.“ Ihm gefallen die technischen Aufgaben und die Teamarbeit.

Zum Abschluss wird ein Foto von der Gruppe auf dem Steg geknipst, dann geht es ans Aufräumen. „Toll ist sie nicht, aber gut. Sie erfüllt ihren Zweck“, sagt Konopasek. Nächste Woche könne man sie nochmal verstärken. „Wenn einige bisschen leiser gewesen wären, hätten wir mehr geschafft“, ermahnt der Betreuer beim Abschied, für den sich die Gruppe in einer Reihe aufstellt. „Ein bisschen Disziplin üben“, erklärt Cedric Biescker das Ritual. „Jetzt kann ich schön zu Hause erklären, warum ich so nass bin“, ruft ein Junge noch. Dann geht es in die Umkleide und nach Hause.

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