Stadtteilbüro Schwangerenberatung wird in Medinghoven gut angenommen

Medinghoven · Mit einem neuen Angebot unterstützt das Diakonie-Stadtteilbüro in Medinghoven Frauen. Einmal im Monat berät Tabea Branghofer zu Schwangerschaft. Sie und der Leiter des Stadtteilbüros, Reinhard Jansen, berichten von ihren ersten Eindrücken.

Tabea Branghofer berät seit Mai einmal im Monat im Medinghovener Stadtteilbüro Frauen rund um Schwangerschaft, Verhütung und finanzielle Unterstützung.

Tabea Branghofer berät seit Mai einmal im Monat im Medinghovener Stadtteilbüro Frauen rund um Schwangerschaft, Verhütung und finanzielle Unterstützung.

Foto: Stefan Knopp

Mit einem neuen Angebot unterstützt das Diakonie-Stadtteilbüro in Medinghoven vor allem junge Frauen. Einmal im Monat berät Tabea Branghofer zu Schwangerschaft, Verhütung und Hilfen bei damit verbundenen finanziellen Problemen. Im Gespräch mit Stefan Knopp berichten sie und der Leiter des Stadtteilbüros, Reinhard Jansen, von ihren ersten Eindrücken.

Herr Jansen, warum braucht Medinghoven so ein Beratungsangebot?

Reinhard Jansen: Medinghoven ist der jüngste Stadtteil Bonns, mit dem höchsten Anteil an Null- bis 18-Jährigen, also mit ganz vielen Schwangerschaften, Geburten und kleinen Kindern. Und gleichzeitig ist er auch immer an der Spitze gewesen bei den Transferleistungsempfängern und Zuwanderern. Daraus ergibt sich ein ganz hoher Beratungs- und Unterstützungsbedarf insbesondere für die Mütter und die Schwangeren. Das war bei uns bisher nicht so präsent. Deshalb sind wir froh, dass die EVA-Beratungsstelle jetzt mit ihrem Angebot hier in den Stadtteil kommt.

Mit welchem Angebot?

Tabea Branghofer: Wir haben ja verschiedene Standbeine bei der EVA. Da gibt es einmal die Schwangerschaftskonfliktberatung für Frauen und Familien, die ungewollt oder ungeplant schwanger geworden sind und sich dann in einem Konflikt befinden. Finanzieller Bedarf ist ein ganz großer Beratungsanlass. Außerdem bieten wir auch Verhütungsberatung und finanzielle Unterstützung für Verhütungsmittel.

Überschneiden sich da nicht die Angebote von EVA und der allgemeinen Sozialberatung?

Branghofer: Im Gegenteil ist es toll, Hand in Hand arbeiten zu können mit der Sozialberatung, weil bei uns in der Beratung Finanzen und Haushalt immer Thema sind. Das ist nicht unser Steckenpferd. Daher ist es gut, dass ich die Klientin an die Hand nehmen und mit ihr nebenan ins Büro gehen kann, um auch dort einen Termin zu vereinbaren.

Jansen: Unser Problem ist genau umgekehrt. Wir in der allgemeinen Sozialberatung sind ja Anlaufstelle für alle Belange und Probleme der Menschen. Das ist ein sehr breites Beratungsspektrum, vor allem im Existenzsicherungsbereich, aber auch bei psychosozialen Themen. Wir können aber nicht in all diesen Einzelproblemen Experten sein. Das heißt, wir müssen Klienten dann an die Fachdienste vermitteln, etwa an die Außensprechstunden der Verbraucherzentrale oder der Schuldnerberatung. Unsere Beratungs- und Vertrauensbeziehung zu den Klienten macht die Überleitung in die Fachdienste aber deutlich leichter. Und wenn jetzt Frau Branghofer mit der EVA vor Ort sitzt, können wir effektiver unterstützen.

Die räumliche Nähe macht also viel aus?

Branghofer: Ja. wir hatten schon am ersten Beratungstag alle Termine belegt. Ich habe jedes Mal die Rückmeldung bekommen: Das ist so toll, dass Sie jetzt hier sind und ich nicht mehr den weiten Weg nach Bad Godesberg auf mich nehmen muss.

Kommen Frauen auch heimlich zu einer Beratung?

Branghofer: In der Schwangerschaftskonfliktberatung kommt das häufiger vor, und den einen oder anderen Fall hatten wir schon in der Verhütungsberatung. Das hat auch mit struktureller Gewalt innerhalb der Familien zu tun: Wenn wir uns zum Beispiel wertkonservative Familiensysteme anschauen, da ist häufig noch die Haltung, dass Verhütung ein Eingriff in den natürlichen Lebenskreislauf bedeutet. Und wenn ausschließlich die Männer in diesen Familien das Einkommen erwirtschaften, haben sie die Entscheidungsgewalt darüber, wofür das Geld ausgegeben wird. Verhütungsmittel sind ja nur bis zum 22. Lebensjahr über die Krankenkasse abrechenbar. Alles darüber hinaus müssen die Frauen oder die Familien privat bezahlen. Das ist dann so eine Form von struktureller Gewalt, weil die Frauen wenig Spielraum haben ohne eigenes Einkommen.

Möchte die Beratung diesen Frauen auch mehr Selbstbewusstsein geben?

Branghofer: Ja, auf jeden Fall schauen wir auch, wo kommt das eigentlich her, wie hat sich das entwickelt, warum gibt es diese Haltung in der Familie oder in dem Paarsystem. Wir fragen auch, welche eigenen Ideen und Lösungen die Klientin mitbringt; wie sie sich wieder handlungsfähig fühlen kann. Vielleicht geht es manchmal auch einfach nur darum, ein paar Außenkontakte zu haben. Da gibt es ja auch Angebote hier in Medinghoven.

Zum Beispiel?

Jansen: Wir haben unter anderem eine Nähgruppe, eine Sportgruppe nur für Frauen, die Kinderkleiderstube, in der auch Ehrenamtliche mitarbeiten können. Das sind ganz wichtige Angebote, um aus einer Krisensituation wieder in eine Aktivität reinzukommen.

Was bräuchte Medinghoven noch?

Jansen: Die Diakonie setzt sich seit längerem für ein Quartiersmanagement in Medinghoven ein. Der Stadtteil würde von einer stärkeren Aktivierung und Beteiligung seiner Bewohner sehr profitieren. Zum Beispiel durch eine Ehrenamtskoordination, aber auch durch institutionsübergreifende Angebote wie Stadtteilfeste oder weitere Freizeit- und Bildungsveranstaltungen. Eine digitale Plattform könnte dabei helfen, die vorhandenen Angebote im Stadtteil besser bekannt zu machen und Akteure zu vernetzen. Das alles ist aber nur mit zusätzlichen personellen Kapazitäten umsetzbar. Außerdem sind im Stadtteil auch geeignete Räumlichkeiten knapp.

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