Projekt Vernetztes Rainland Wie die Wachtberger Feldränder aufgewertet werden sollen

Wachtberg · Wachtberger Landwirte beteiligen sich am Projekt Vernetztes Rainland, das Insektenschutz und Kulturlandschaft verbindet. Die Bauern haben dazu noch ganz praktische Fragen, wie zu Düngemöglichkeiten und Befahrbarkeit der Feldraine.

Der Feldrain zwischen einem Acker und einem Wirtschaftsweg in Wachtberg ist noch artenarm. Das soll sich im Rahmen des Projekts Vernetztes Rainland ändern.

Der Feldrain zwischen einem Acker und einem Wirtschaftsweg in Wachtberg ist noch artenarm. Das soll sich im Rahmen des Projekts Vernetztes Rainland ändern.

Foto: Petra Reuter

Der Streifen zwischen Acker und Fahrweg hat das Potenzial, zum Lebensraum für Insekten zu werden. Wie das funktioniert, zeigt das Projekt Vernetztes Rainland, das sich über sechs Kommunen des linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreises erstreckt. Der Verein „Einsatz für Tiere in Not“ (ETN), die Biologische Station im Rhein-Sieg-Kreis und die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg arbeiten dabei auch mit den Wachtberger Landwirten zusammen.

Auf den Randstreifen zwischen Wegen, Feldern und Plantagen sollten die jahrhundertelang angestammten Pflanzen wieder wachsen, nachdem sie in den vergangenen Jahrzehnten verschwunden sind. Damit bekämen viele Insektenarten, und in der Folge der Nahrungskette auch Vögel und Kleintiere, ein Stück Lebensraum zurück, so die Projektbeauftragten Maren Isfort und Lukas Lindenberg. Vor allem Stauden und mehrjährige Pflanzen stünden im Fokus.

Noch vor 50 Jahren hätten die Wegraine natürlicherweise artenreicher ausgesehen, sagt der Wachtberger Ortslandwirt Michael Hüllen. Seinerzeit habe er die Raine meist einmal im Jahr mit einem Balkenmäher auf rund 15 Zentimeter Höhe gemulcht, berichtet er von seinen Erfahrungen. Ähnliches sei es nach der Einsaat regionalen Saatguts jetzt wieder vorgesehen, so Lindenberg bei einer Informationsveranstaltung für die Landwirte. Allerdings eigne sich nicht jeder Wegrain dafür. Die Ausrichtung zur Sonne, das Gefälle und eine Mindestbreite von 1,20 Meter sollen berücksichtigt werden.

In Wachtberg sind inzwischen rund 15 Kilometer geeignete Feldraine kartiert, finanziert von der ETN. Rund zehn Kilometer davon sollen eingesät werden. „Die Landwirte verschließen sich dem Projekt nicht“, stellt Hüllen klar. Allerdings dürfe kein Bauer Kosten, Ernteausfälle oder Wettbewerbsnachteile fürchten müssen.

Konkret geht es in der aktuellen Diskussion unter den Landwirten um Düngemöglichkeiten auf dem benachbarten Feld, die Befahrbarkeit der Feldraine mit Landmaschinen und vor allem um eventuelle Folgekosten für die Pflege. „Es entstehen für die Pflege der Feldraine keine Mehrkosten“, betont Isfort. Man wolle mit denjenigen, die aktuell für die Pflege der Raine zuständig seien, vor allem über die Häufigkeit, die Art und den Zeitpunkt der Pflege der neu eingesäten Raine sprechen.

In der Regel Kommune zuständig

Laut Isfort ist für die gemeindeeigenen Feldrainen in der Regel die Kommune zuständig. Landwirte berichten, dass der Wachtberger Bauhof überlastet sei und man Raine, die nicht an asphaltierte Wirtschaftswege grenzen, deshalb seit Jahren selbst pflege. Dem widerspricht die Gemeinde. Lediglich „an Grasnarbenwegen beziehungsweise schwer befahrbaren Wegen“ pflegten die Landwirte selbst. Auch gebe es „Landwirte, die ihre Felder sauber halten wollen und deshalb die Bankette kurz halten“, so Gemeinde-Pressesprecherin Margrit Märtens.

Der Bauhof sei grundsätzlich zuständig für rund 600 Kilometer außerörtliche Straßen, befestigte und unbefestigte Wirtschaftswege in Wachtberg, Landes- und Kreisstraßen nicht eingerechnet, informiert Bürgermeister Jörg Schmidt. Einige Gräben würden von den Gemeindewerken betreut. Im Jahr 2021 beispielsweise hätten bis zu acht Mitarbeiter der Straßenbaukolonne in rund 2200 Arbeitsstunden Straßenränder freigeschnitten, Bäume aufgeastet, Schnittgut gehäckselt sowie Bankette, Gräben und Böschungen gemäht. Für die Unterhaltung der Wirtschaftswege stünden jährlich 50.000 Euro im Haushaltsplan zur Verfügung. Instandsetzungsarbeiten seien darin nicht enthalten.

Saatmischung kann angepasst werden

Auf vielen Feldern ist der Insektenschutz ein wichtiges Thema.

Auf vielen Feldern ist der Insektenschutz ein wichtiges Thema.

Foto: GA-Grafik

Das Modellprojekt wird wissenschaftlich begleitet und soll zeigen, wie Insektenschutz in intensiv genutzten Kulturlandschaften mit unterschiedlichen Nutzungsschwerpunkten funktioniert. Das soll nicht nur den bedrohten Arten helfen, sondern auch die Attraktivität der Landschaft steigert. Erste praktische Erfahrungen gibt es schon. So leidet neue Artenvielfalt laut Isfort in der Regel nicht, wenn sie selten und kurz mit Landmaschinen überfahren wir. Die Arbeit an und auf den Feldern solle weiterhin wie gewohnt und unabhängig von der Umgestaltung möglich sein. „Sollte eine der eingesäten Pflanzen aus der Samenmischung sich nicht mit der Nachbarkultur vertragen, kann man die Mischung anpassen“, so Lindenberg.

In Wachtberg bereitet den Landwirten vor allem eine schwer zu bekämpfende Ampferart, auch Ochsenzunge genannt, Probleme. Die Naturschützer säen jedoch Wiesen-Sauerampfer ein, der als Nutzpflanze für Mensch und Tier keine massiven Ertragsausfälle auf landwirtschaftlichen Flächen verursache.

Das Projekt profitiert auch von der Ortskenntnis der Landwirte. Innerhalb der Gemeinde gebe es etliche selten befahrene grasbewachsene Wirtschaftswege, sagt Stefan Schneider vom Obsthof Schneider in Kürrighoven. Säe man auf diesen Abschnitten den Mittelstreifen ein, könne man die natürliche Vielfalt auf deutlich größerer Fläche herstellen, schlägt er vor.

Das Vernetzte Rainland hat in den Kommunen unterschiedliche Schwerpunkte, wie die Kartierung zeigt. Wachtberg hat wie Meckenheim viele Flächen für den Obstanbau, in Swisttal geht es vor allem um Insektenschutz und Ackerbau, in Bornheim steht der Gemüseanbau im Vordergrund.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort