Weihnachtsbäume in der Region „Er fragte mich nach meinem schäbigsten Baum“

Rhein-Sieg-Kreis · Langsam wird es wieder Zeit, mit der Familie loszuziehen und sich einen Tannenbaum fürs Wohnzimmer zu besorgen. Weihnachtsbaum-Verkäufer aus dem Kreis und dem Siebengebirge berichten von den schrägen Vorlieben der Kunden.

 Auf dem Bauernhof von Siegfried Pelz finden sich Weihnachtsbäume unterschiedlicher Höhen und Wüchse für das festliche Wohnzimmer.

Auf dem Bauernhof von Siegfried Pelz finden sich Weihnachtsbäume unterschiedlicher Höhen und Wüchse für das festliche Wohnzimmer.

Foto: Scarlet Schmitz

Schön gerade muss er sein, grün und dicht – aber nicht zu dicht – und am besten 1,50 bis 2,40 Meter hoch: Die Familien im Rhein-Sieg-Kreis begeben sich im Dezember wieder auf die Suche nach dem perfekten Weihnachtsbaum für ihr Zuhause, der sich mit Schmuck behängen lässt und am Heiligabend die Geschenke behütet. Die Weihnachtsbaum-Verkäufer im Kreis kennen die Vorlieben der Kunden, so ungewöhnlich sie teils auch sein können.

Die Nordmanntanne bleibt der unangefochtene Star unter den Weihnachtsbäumen. Sie pikst nicht, wächst schön gerade, ist saftig grün und hält länger. Sie ist begehrt: Etwa 90 Prozent der Kunden kauften eine Tanne dieser Art, berichten alle befragten Weihnachtsbaumverkäufer im Rhein-Sieg-Kreis und dem Siebengebirge. Ihr einziges Manko: „Die Nordmanntanne duftet nicht so stark wie andere Arten“, weiß Claudia Stockhausen, die mit ihrem Mann Klaus den Weihnachtsbaumhof Stockhausen in Bad Honnef betreibt. „Wer Wert auf den Duft legt, sollte eine Blaufichte nehmen.“

Jeder Baum auf seine Art schön

Stockhausen und ihre Kollegen aus dem Kreis wissen, dass der Weihnachtsbaumkauf stets Familiensache ist: „Die Kunden kommen mit Kind und Kegel vorbei“, konnte Ilse Sieburg auf ihrem Weihnachtsbaumhof in Wachtberg schon häufig beobachten. „Da gibt es dann auch schon mal Diskussionen und Ehekrach. Die Frau möchte vielleicht einen kleinen Baum, der Mann einen großen, und das führt zu Tränen.“ Das liege vor allem daran, dass die Geschmäcker beim Weihnachtsbaum auseinander gingen.

„Ich suche sehr ungern für einen anderen Menschen einen Baum aus“, berichtet Siegfried Pelz vom Bauernhof Pelz in Neunkirchen-Seelscheid. „Manche wollen ihn sehr dicht, manche eher nicht, damit sie viel reinhängen können. Aber ich finde, jeder Baum hat seinen Reiz.“ Und das finden auch die Kunden, unter denen es bei allen befragten Weihnachtsbaumverkäufern immer wieder welche gebe, die nach einem besonders krummen, asymmetrischen oder unförmigen Baum fragten.

Ein Zuhause für krumme Bäume

„Einen Kunden werde ich wohl nie vergessen“, erzählt Pelz, „er fragte mich nach meinem schäbigsten Baum. Auch mein Sohn holt sich gerne bizarre Bäume und macht es sich zu Aufgabe, sie schön zu schmücken. Das ist dann eben ein Baum mit Charakter“, findet der Bauer. Ilse Sieburg wird ebenfalls jedes Jahr von zwei bis drei Kunden nach dem hässlichsten Baum gefragt. Die Kunden wollen den Außenseiter dann „schön machen“ und ihm ebenfalls ein weihnachtliches Zuhause schenken, erzählt Sieburg.

Und auch die Verkäufer sind bei ihrem eigenen Baum gar nicht so anspruchsvoll. Alle berichten, dass sie nicht wählerisch seien und erst kurz vor Heiligabend schauten, welcher Baum übrig geblieben sei. Claudia Stockhausen nimmt dann auch mal einen, der keine Spitze mehr hat – oder eine krumm gewachsene. „Die Weihnachtsbäume sind eben Natur“, erklärt die Bad Honneferin. „Man kann ihnen keine Wuchs-Anleitung geben, nach denen sie sich dann richten.“

Nachhaltigkeit gestaltet sich schwierig

Gerade weil es sich um Natur handelt und das Bewusstsein für deren Schutz in der Bevölkerung steigt, wird Siegfried Pelz auch immer wieder danach gefragt, ob er seine Bäume spritzt oder düngt. „Wir machen weder das eine noch das andere“, so Pelz, „wer anfängt, gegen Schädlinge zu spritzen, der tötet auch die Nützlinge und muss es deswegen jedes Jahr tun“, weiß der Verkäufer. Auch Familie Stockhausen spritzt ihre Bäume nicht, da ihr Hof in einem Landschaftsschutzgebiet liegt. Mit dem Begriff Nachhaltigkeit tun sich jedoch alle Weihnachtsbaumverkäufer schwer: „Wenn der Baum einmal abgeschlagen ist, dann lebt er nun mal nicht weiter“, kommentiert Stockhausen.

Siegfried Pelz erklärt, dass auch ein Weihnachtsbaum im Topf nur geringe Chancen hat, zu überleben. Pelz: „Wenn die Bäume drei Wochen lang im Warmen stehen und dann wieder raus kommen, gehen sie dennoch ein.“ Man müsste ihn kurz vor Weihnachten reinholen und gleich wieder rausstellen – das ginge aber meist nur mit kleinen Bäumen, deren Wurzeln noch nicht so ausgeprägt seien. „Die Bäume, die man im Topf im Baumarkt kaufen kann, haben meist keine intakten Wurzeln mehr, die wurden irgendwie aus dem Boden geholt“, weiß Pelz.

Auf dem Bauernhof Pelz können sich die Kunden den Baum auch ausgraben, anstatt ihn abzuschlagen. Doch das passiert nur noch selten, weiß der Inhaber. Bei den Stockhausens in Bad Honnef gibt es das Angebot inzwischen nicht mehr. Und das liege vor allem daran, dass es sehr aufwendig und anstrengend sei, einen Baum auszugraben. „Zuletzt wollte ein Kunde eine zwei Meter hohe Tanne mitsamt Wurzeln haben“, erinnert sich Siegfried Pelz. „Ich habe ihm einen Spaten und einen Topf in die Hand gedrückt und ließ ihn machen. Nach zwei Stunden war er fertig und schweißgebadet.“

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