Fehlender Durchsuchungsbeschluss Freispruch nach Kinderporno-Fund in Neunkirchen-Seelscheid ist rechtskräftig

Neunkirchen-Seelscheid/Bonn · Der Freispruch nach einem Kinderpornografie-Fund bei einem Mann aus Neunkirchen-Seelscheid ist jetzt rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft hat die Berufung mangels Erfolgsaussichten zurückgenommen. Denn es fehlte ein Durchsuchungsbeschluss.

 Ermittler fanden bei einem Mann aus Neunkirchen-Seelscheid 6350 kinderpornografische Dateien auf dem Computer. Doch der heute 41-Jährige wurde vor Gericht freigesprochen – wegen eines fehlenden Durchsuchungsbeschlusses.

Ermittler fanden bei einem Mann aus Neunkirchen-Seelscheid 6350 kinderpornografische Dateien auf dem Computer. Doch der heute 41-Jährige wurde vor Gericht freigesprochen – wegen eines fehlenden Durchsuchungsbeschlusses.

Foto: dpa/Silas Stein

Artikel 13 des deutschen Grundgesetzes gewährleistet das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung: Damit soll das direkte private Umfeld vor staatlichen Eingriffen geschützt werden. Der Tatsache, dass dieser Schutz im Zweifel auch einmal schwerer wiegen kann, als die Möglichkeit zur Verfolgung einer Straftat, verdankt ein 41-jähriger Mann aus Neunkirchen-Seelscheid nun einen Freispruch. Wegen eines fehlenden Durchsuchungsbeschlusses blieb einem Siegburger Amtsrichter nichts anderes übrig, als den Mann trotz klarer Beweise vom Vorwurf des Besitzes kinderpornografischen Materials freizusprechen. Gegen das erstinstanzliche Urteil war die Staatsanwaltschaft zunächst in Berufung gegangen, zog den Antrag vor dem Bonner Landgericht nun aber wegen der offenkundig fehlenden Erfolgsaussichten wieder zurück. Der Freispruch ist damit rechtskräftig.

Der Mann hatte über sein Mobiltelefon offenbar wiederholt Chats mit Anbietern kinderpornografischer Dateien geführt. Am 30. Juni 2020 wollten die Ermittler dann zugreifen und standen vor der Tür einer Neunkirchener Mietwohnung, in der der Verdächtige leben sollte. Einen entsprechenden Durchsuchungsbeschluss hatten die Polizisten auch dabei. Anstatt des Gesuchten öffnete ihnen aber nur der Vermieter die Tür und ließ die Beamten wissen, dass der heute 41-Jährige nicht mehr dort wohne. Er sei zu seiner Mutter gezogen.

Richter bringt großes Bedauern zum Ausdruck

Kurzentschlossen fuhren die Beamten daraufhin zu der angegebenen Adresse, an der sie den Mann auch antrafen. Bei der nun folgenden Durchsuchung konnten die Ermittler dann insgesamt 6350 Foto- und Videodateien auf dem Computer des Verdächtigen sicherstellen. Bei der Verhandlung am 8. Oktober blieb dem Amtsrichter allerdings keine andere Möglichkeit, als den Angeklagten freizusprechen. Die Beamten hatten offenbar versäumt, sich auch für die neue Adresse einen Durchsuchungsbeschluss zu besorgen. Das ist dank des gerichtlichen Bereitschaftsdienstes normalerweise kein Hexenwerk: Ab 6 Uhr in der Früh hätte an jenem Tag ein Richter bereitgestanden. Nur, wenn die konkrete Gefahr des Beweismittelverlusts bestanden hätte, wären die Beamten ohne einen richterlichen Beschluss ausgekommen.

Der zuständige Amtsrichter konnte so schließlich anstatt eines Schuldspruchs nur sein großes Bedauern zum Ausdruck bringen. Im Fall einer Verurteilung hätte der Mann gemäß dem zur Tatzeit geltenden Strafrahmen mit einer Geld- oder einer maximal dreijährigen Freiheitsstrafe rechnen müssen. Für alle ähnlichen Taten gilt seit dem 1. Juli 2021 ein neuer Strafrahmen von mindestens drei Monaten bis maximal fünf Jahren Haft.

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