Taktik-Analyse Darauf muss sich der 1. FC Köln gegen Augsburg einstellen

Analyse | Bonn · Sechs Punkte beträgt der Vorsprung des 1. FC Köln auf den FC Augsburg, der auf dem Relegationsplatz rangiert. FC-Trainer Steffen Baumgart warnt vor den Gästen, die er besser einschätzt, als es der derzeitige Tabellenstand aussagt.

 Keine gute Saison spielt bislang der FC Augsburg um Trainer Markus Weinzierl (Mitte).

Keine gute Saison spielt bislang der FC Augsburg um Trainer Markus Weinzierl (Mitte).

Foto: dpa/Bernd Thissen

Richtig ungemütlich in der „Puppenkiste“ wurde es schon nach dem achten Spieltag der Saison. Der Präsident des FC Augsburg, Klaus Hofmann, polterte ordentlich auf der Hauptversammlung des Clubs und ließ kein gutes Haar an der Mannschaft. "Wir haben uns systematisch das Fußballspielen abgewöhnt in den letzten zwei, drei Jahren", rief also Hofmann. Die Entwicklung des FCA, der sich in der Saison 2014/15 noch als Fünfter für die Europa League qualifiziert hatte und die fantastische Abenteuerreise erst in der Zwischenrunde gegen den FC Liverpool beenden musste, stimmt nach Hofmanns Einschätzung nicht. In seine Kritik schloss er alle Verantwortliche mit ein. "Wenn man fünf Trainer in fünf Jahren hat“, sagte er, „hat man ganz sicher auch nicht alles richtiggemacht."

Den aktuellen Trainer Markus Weinzierl schloss der FCA-Boss dabei ausdrücklich aus, denn der passe zu Augsburg, der sei ein „erstklassiger Trainer und Mensch“. Hofmann ergänzte, er sei "ausgesprochen froh, dass Weinzierl wieder hier ist, auch wenn es die Tabelle noch nicht zeigt", sagte er über den Trainer, der beim FCA von 2012 bis 2016 eine erfolgreiche Ära prägte. Nun aber, in seiner zweiten Amtszeit, laufen die Schwaben ihren Ansprüchen, sich aus dem Abstiegskampf konsequent herauszuhalten, hinterher. Das Weinzierl-Team ist nach dem jüngsten Rückschlag, dem 2:3 gegen den VfL Bochum, nach wie vor 16. und belegt somit den Relegationsplatz. Auch bei diesem Auftritt zeigte sich die Tendenz der Augsburger, ein Spiel nicht immer mit der höchsten Konzentration anzugehen, mit den Köpfen noch lange in der Kabine zu sein. Der 0:3-Rückstand nach einer schwachen ersten Hälfte war zu hoch, um ihn zumindest noch egalisieren zu können. Auf wenig ausgeschlafene Gäste hofft auch der 1. FC Köln, wenn am Freitag (20.30 Uhr, Dazn) das Duell gegen den FCA in Müngersdorf ansteht.

FCA-Trainer Weinzierl: zehn Prozent fehlen

Ähnliches wie gegen Bochum hatte sich schon in der Partie der Augsburger am neunten Spieltag in Mainz abgespielt. Die Generalkritik zuvor von Hofmann hatte also keinen Ertrag gebracht. Beim 1:4 zeigte sich die Mannschaft chancenlos, nachdem sie zur Pause bereits ebenfalls 0:3 zurückgelegen hatte. Die Profis seien zu schnell zufrieden, kritisiert Weinzierl nach der Blamage. "Die Mannschaft springt nur so hoch, wie sie muss. Wenn sie mal gewonnen hat, geht es im nächsten Spiel mal mit 90 Prozent. Aber mit 90 Prozent gewinnst du nix. Das ist gewachsen, irgendwo", beklagt Weinzierl. "Diese Gier, diesen Drang nach Erfolg immer auf 100 Prozent zu schrauben, das fehlt". Und: "Wir müssen uns als Mannschaft und vor allem als Verein wehren."

Es ist diese unerklärlich fehlende Konstanz, die sich durch den bisherigen Saisonverlauf zieht. Denn zwischendurch gab es immer wieder Anlässe, die den FCA auf nachhaltige Besserung hoffen ließ: ein 1:0-Erfolg über Gladbach oder ein klares 4:1 gegen Stuttgart etwa. Oder, noch besser, der 2:1-Sieg gegen denn Branchenführer FC Bayern. Drei Siege, die Hoffnung gaben. Aber es blieben bislang die einzigen drei Siege in der Spielzeit (bei sieben Remis und vier Niederlagen). Die vier erzielten Treffer gegen die Stuttgarter bilden dabei die rühmliche Ausnahme. Denn das große Problem der Augsburger: die mangelnde Torgefahr. 14 Mal trafen sie bisher. Zieht man die vier Tore gegen den VfB ab, blieben zehn Treffer in 13 Spielen, das sind nicht einmal 0,8 im Schnitt. Eine äußerst schwache Ausbeute. Weniger Treffer insgesamt haben nur die beiden Mannschaften erzielt, die hinter dem FCA auf den Plätzen 17 und 18 liegen: Bielefeld (10) und Fürth (12).

Augsburg besiegt Bayern sensationell

Auch die Partie gegen Stuttgart startete wenig verheißungsvoll. Doch es offenbarte sich zumindest, dass sich die Weinzierl-Elf hin und wieder auf bekannte Stärken verlassen kann: Kopfbälle nach Standards. Reece Oxford (fehlt gegen Köln verletzt) und Jeffrey Gouweleeuw drehten die Partie nach Rückstand mit ihren Treffern jeweils nach Ecken. Bezeichnend: Die beiden bildeten gegen den VfB das Innenverteidigerduo. Weinzierl bevorzugt eine Viererkette, lässt seine körperlich robuste Mannschaft in der Regel in einem 4-4-2-System spielen. Setzt dabei häufig auf ein kompaktes Mittelfeld um die beiden „Sechser“ Arne Maier und Niklas Dorsch, beide U21-Europameister. Doch die Balance auf dem Platz scheint nicht zu stimmen. Während sich der Sturm oft nur als ein laues Lüftlein entpuppt, hat die Defensive mit 25 die drittmeisten Gegentreffer alles Bundesligisten hinnehmen müssen. Drei davon beim 0:3 gegen Freiburg. Angreifer Florian Niederlechner erkannte nach dem indiskutablen Auftritt und einer erschreckenden Passivität „Angsthasenfußball“ bei seinem Team. Der Ex-Freiburger kommt in dieser Spielzeit überwiegend als Joker zum Einsatz, hat aber – sehr bezeichnend – die meisten Treffer aller Augsburger auf seinem Konto. Mit dreien ist die Anzahl jedoch sehr überschaubar. Seine Sturmkollegen Michael Gregoritsch und Andi Zeqiri (je 2) sowie André Hahn und Alfred Finnbogason halten sich noch mehr zurück.

FC-Trainer Baumgart stellt seine Mannschaft auf harten Kampf ein

Überhaupt liefert der FCA, der auswärts noch sieglos ist und in sieben Gastspielen lediglich drei Punkte einfuhr, bislang Spiel-Statistiken, die nicht mehr erwarten lassen als Abstiegskampf. Vor allem die Zweikampfquote spricht im Vergleich zum kommenden Gegner Köln deutlich für den FC (51 zu 46 Prozent), der zudem sowohl bei den Torschüssen (15,07 zu 10,43) als auch bei der Laufleistung (116,98 zu 115,53) vorn liegt. Alles nur belanglose Zahlen, wenn es nach der Einschätzung von Steffen Baumgart geht. „Ich erwarte ein ähnliches Spiel wie gegen Bielefeld“, sagte der Kölner Trainer vor dem Aufeinandertreffen mit Augsburg. „Also eine sehr aggressive Mannschaft, die in ein, zwei Spielen unter Wert geschlagen wurde.“ Vor allem ein Spiel gilt ihm als Warnhinweis: das gegen den Primus aus München. „Das war ein ganz großes Ausrufezeichen, der Sieg gegen die Bayern. Das zeigt, dass es eine stabile Mannschaft ist, die den Abstiegskampf angenommen hat.“ In der vergangenen Saison standen die Vorzeichen eher umgekehrt. Der 3:2-Sieg in Augsburg war einer der Gründe, warum sich der FC noch in die Relegation retten konnte.

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