8. Bonner Kirchennacht Die Kirchennacht wird in ganz Bonn besucht

Bad Godesberg/Bonn · Die Bonner Kirchennacht bietet Nachdenkliches, Rheinisches, Musikalisches und trotz Corona viel Raum für Begegnungen. Erstmals macht die Synagogengemeinde Bonn mit.

 Bei der Andacht im Park des Mausoleums von Carstanjen sitzen Gläubige auf Decken.

Bei der Andacht im Park des Mausoleums von Carstanjen sitzen Gläubige auf Decken.

Foto: Benjamin Westhoff

Während die Teilnehmer der Langen Nacht der Offenen Kirchen in Bad Godesberg noch letzte Stühle rücken und Listen sortieren, ist das Programm an der Bonner Synagoge schon vorbei. Da sich die jüdische Gemeinde wie jeden Freitagabend im Kreis der Familie zum festlichen Schabbatessen trifft, hat sie ihr Haus vorher geöffnet. Die Polizeiabsperrung vor der Tempelstraße ist diesmal zwar nur zum sicheren Passieren der vielen Besucher errichtet. Doch der Angriff vom 1. Mai hat Spuren hinterlassen. Man freue sich, erstmals dabei zu sein, sagt die Vorsitzende der Synagogengemeinde Bonn, Margaret Traub. „Aber wir wünschen uns auch deutliche Unterstützung gegen antisemitische Attacken und Anfeindungen, mit denen wir leider immer wieder auch in Bonn leben müssen“, so Traub.

Die Unterstützung sichert ihr Pfarrer Joachim Gerhardt, Vorsitzender der Christlich-Jüdischen Gesellschaft Bonn und Leiter des Teams der Bonner Kirchennacht, zu. Angesichts von 1700 Jahren jüdischen Lebens in Deutschland wisse er nicht, ob Juden auch in 1700 Jahren hier sicher und gut lebten. „Aber dass das heute, morgen und übermorgen so ist, dafür können wir sorgen. Jede und jeder von uns“, so Gerhardt.

Nach seiner Führung eilt er zum Münsterplatz, denn zu Füßen der Beethoven-Statue eröffnet Gerhardt gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Pfarrer Thomas Schüppen, Superintendent Dietmar Pistorius und Stadtjugendseelsorger Christian Jasper die besondere Glaubensnacht mit einem Gebet.

Das Motto stammt noch aus dem Beethovenjahr

In Godesberg lässt sich das als Livestream verfolgen, sodass hier ebenfalls die „Götterfunken“ überspringen. Das Motto hat das Orga-Team aus dem Beethovenjahr mit der ausgefallenen Kirchennacht herübergerettet. Die Friesdorfer um Pfarrer Siegfried Eckert bieten etwas später sogar einen eigenen Livestream aus der Pauluskirche an. „Leider können wir diesmal nicht zusammen singen, aber summen, klatschen, lachen und lauschen“, sagt der evangelische Pfarrer. Musik gibt es reichlich. Die St. Paul’s Band um Fred Prünte spielt unter anderem Beatles-Lieder, die Michael Stuch in Bönnsch auf Beethoven umgetextet hat. „Eight Days a week“ als Ode an die Freude mit „Freiheit, Gleichheit, Liebe“ – das hätte dem großen Komponisten sicher gefallen, zumal der nicht nur fromm war, sondern sich um konfessionelle Grenzen wenig geschert haben soll.

Nach einem Getränk an der Corona-ToGo-Theke geht’s weiter mit dem „Kirchenhopping“. Zu selbigem hatte Pressepfarrer Gerhardt angesichts von 54 beteiligten Kirchen in Bonn und erstmals der Region geraten. Die Zeit drängt, der Artikel muss noch in die Zeitung, also bleiben wir im südlichsten Stadtbezirk und auch beim Bönnschen. Gott loben und das in rheinischer Mundart steht in der Lannesdorfer Herz-Jesu-Kirche auf dem Programm. Verantwortlich für die Andacht zeichnet der Kirchausschuss. Sie sei eher zufällig auf dem Abendspaziergang vorbeigekommen, meint Mareile Werner: „Gott op Kölsch nahe zu sein, hört sich aber spannend an.“

Motto besteht aus zwei Artikeln des Rheinischen Grundgesetzes

Sie wird nicht enttäuscht, denn mit Christa Düren, der Vorsitzenden der Katholischen Frauengemeinschaft (kfd) St. Martin und Severin, ist ein Mundart-Profi am Start. „Ich bin nicht aufgeregt, denn ich spreche es ja von klein auf“, sagt die gebürtige Lannesdorferin kurz vor der liturgischen Eröffnung. Was sie am Bönnschen fasziniert: „Man kann Dinge auf Platt viel anrührender ausdrücken als auf Hochdeutsch.“

Sie schlägt vor coronakonform gefüllten Reihen ebenfalls den Bogen zu Beethoven, „denn hä hätt och Bönnsch jeschwaat“. Als Motto haben die Organisatoren zwei Artikel des Rheinischen Grundgesetzes miteinander verbunden: „Et kütt wie et kütt, ävver et hätt noch emmer jot jejange.“ So im Markus-Evangelium, als Jesus mit seinen Jüngern in einen Sturm gerät. Heute seien es eben Pandemiewelle, Umweltkatastrophe und Kirchenkrise, „die us bedrohe“, so Düren.

Noch am Mittag hatte es so ausgesehen, als ob Regen die Open-Air-Veranstaltung am Mausoleum von Carstanjen verhindern könnte. Dann hätte St. Evergislus Schutz gewährt. Doch das Wetter hält und so sitzen viele auf Decken,  um der Andacht am Rhein beizuwohnen. Das Tuckern der Schiffe und die besinnliche Musik machen den Moment zu dem, was er laut Pastoralreferent Joachim Klopfer sein soll: Eine „AusZeit“ – wenn auch bei 30 Grad am Abend.

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