Startelf Duda kämpft um einen Stammplatz

Bonn · Ondrej Duda ist der wohl beste Fußballer im Kader des 1. FC Köln – einen Stammplatz hat er noch nicht. Noch ist der Trainingsrückstand zu groß.

 Ausrutschen gehört dazu: Ondrej Duda beim Elfmeter gegen Freiburg.

Ausrutschen gehört dazu: Ondrej Duda beim Elfmeter gegen Freiburg.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Berührt Ondrej Duda den Ball, möchte man am liebsten die Zeit anhalten. Und genießen. Der Slowake gehört zu jenen Fußballern, denen nicht nur der sprichwörtliche Fußball in die Wiege gelegt wurde, sondern gleichzeitig der Schuh – im Wortsinn. Besser: Duda hat sich ein Paar selbst mit in sein Bett genommen: „Copa Mundial“, den Klassiker unter den Kickstiefeln. Es waren die geschmeidigen Lederschuhe seines Vaters Ondrej Senior, die er „so toll“ fand und die ihn auch nachts inspirierten, eine Karriere auf höchstem Niveau einzuschlagen.

Inzwischen ist er in der Bundesliga angekommen, über Hertha BSC und eine Leihe nach England (Norwich City) nun beim 1. FC Köln. Eine Episode aus seiner Zeit in Berlin beschreibt ganz gut, dass der 26-Jährige auf das ganze Bling-Bling verzichten kann, das da so manchen seiner Profi-Kollegen umgibt. Nein, zu den Marktschreiern der Liga gehört er nicht, doch allein sein Spiel ist tauglich, die Zuschauer mitreißen zu können. Sein damaliger Hertha-Mitspieler Salomon Kalou bot ihm eine Wette an: Sollte Duda mehr als acht Tore in der Saison erzielen, erhalte er von ihm eine Luxusuhr. Duda löste den Deal bereits nach am 18. Spieltag ein, kam am Ende der Saison auf elf Treffer. Doch Zeit, mit einer dicken Uhr über den Ku’damm zu flanieren, fand er nie, wollte er auch gar nicht. Das Protzen befindet sich bei dem eher Introvertierten nicht im Repertoire. Den Chronometer spendete er für einen guten Zweck.

Wette gegen Kalou verloren

Viel Zeit hatte der Offensivkünstler zuletzt in seiner neuen Heimat nicht. Nach geglücktem Klassenerhalt im Nachsitzen der Relegation gegen Kiel blieben ihm nur wenige Stunden Zeit. Dann musste er schon wieder die Koffer packen, um mit der slowakischen Nationalmannschaft ein strapaziöses EM-Abenteuer auf sich zu nehmen. Und das nach einer körperlich wie mental sehr fordernden Saison, in der er in 36 Pflichtspielen für den FC zum Einsatz kam, in allen davon von Beginn an. Für sein Land lief er bei der EM dreimal auf, das 0:5 im letzten Vorrundenspiel gegen Spanien bedeutete das Aus. Und natürlich: Duda spielte auch bei der Kontinental-Meisterschaft immer von Beginn an: als Stürmer.

Eine Rolle, die er auch bei FC-Trainer Steffen Baumgart einnehmen könnte. Denn seine Leib-und-Magen-Position als „Zehner“ scheint durch Mark Uth belegt, der sich schon anderthalb Wochen länger im Mannschaftstraining befindet. Duda stieg erst zu Beginn des Trainingslagers nach seinem verlängerten Urlaub wieder ein; auf dem Weg, den Rückstand aufzuholen, sieht er sich in fortgeschrittenem Status. Natürlich sei es nach der langen Saison mit der EM nicht einfach gewesen. „Ich habe mich gut regeneriert. Am Sonntag geht es im Pokal los. Ich kann den Start kaum erwarten“, sagt er. „Ich bin sehr hungrig.“

Offenbar plant Baumgart zunächst mit dem Sturmduo Anthony Modeste/Jan Thielmann, doch für den technisch so brillanten Duda dürfte sich immer ein Schlupfloch finden, zumal seine Variabilität zum Vorteil geraten könnte. Drei Positionen, auf denen er spielen kann, reklamiert er für sich: als einer der beiden Angreifer oder als Spielgestalter dahinter. „Das System ist sehr offensiv“, sagt er, „das mag ich. Ob ich als Stürmer oder als Zehner spiele, ist mir egal.“ Hauptsache, er spielt. In der vergangenen Saison fand sich Duda häufig als Einzelkämpfer in vorderster Linie wieder – in Ermangelung an tauglichen Stürmern, so wie bei der EM im Nationaltrikot. Nicht die ideale Position für einen wie ihn, der mit seinen Fähigkeiten als Choreograf eine Reihe weiter hinten im Ballsaal besser aufgehoben scheint. „Ondrej kann jederzeit einen Pass spielen, der eine komplette Abwehr auseinandernimmt“, sagte Rainer Widmayer neulich der „FAZ“, der Duda in Berlin als Assistenztrainer unter Pal Dardai trainierte. „Aber dafür benötigt er Räume und das Gefühl, diese Bälle auch spielen zu dürfen.“

Dass Duda mit seinen Fähigkeiten, den Ball zu halten, auch ganz vorn zurechtkommt – obwohl ein weiterer Angreifer an seiner Seite zuletzt im FC-Kader nicht aufzutreiben war –, hat er bereits bewiesen. Sollte Duda seinen körperlichen Rückstand aufholen, könnte der Kölner Topscorer der vergangenen Spielzeit erneut eine sehr wichtige Funktion im Team ausfüllen. Alles eine Frage der Zeit. Zumal bei dem aufwendigen und fordernden Baumgart‘schen Pressing-System ohnehin mit einigen Wechseln, auch während des Spiels, auszugehen ist. Das „Druckmachen“ von der Bank gehört zu den Stilmitteln des Trainers. Er sagt: „Es wird hoffentlich zur Waffe, dass wir immer wieder nachlegen und zum Ende hin etwas bewirken können.“ Duda mag den Stil. Die offensive Spielidee des Trainers. „Ich will offensiv spielen“, sagt der Slowake. „Man hat diese Spielweise ja schon bei Paderborn gesehen. Ich habe keine Zweifel, dass es funktionieren wird.“

Frühes Aus bei der EM

Mit Fans, die hinter der Mannschaft stehen, fiele dieser Power-Fußball natürlich leichter. Bei der EM hat Duda schon einmal einen ersten Vorgeschmack auf das bekommen, was auch in den Bundesliga-Stadien bevorsteht: vollere Ränge. Keine Frage, dass das helfen würde bei der Umsetzung des Plans, mehr Punkte in den Heimspielen zu holen als zuletzt. Auf lediglich drei Siege kommt der FC in der abgelaufenen Runde in Müngersdorf. „Es war in der letzten Saison viel zu einfach für die Gegner, in Köln zu spielen“, betont Duda. „Das darf nicht sein.“ Die mögliche Rückkehr der Zuschauer sieht Duda dabei als Schlüssel und als Antrieb für seine eigene Leistung. Das Gefühl? Es sei ein komplett anderes. „Das motiviert viel mehr. Das ist Fußball.“ Und wenn er denn spielt, lässt sich hin und wieder die Zeit vergessen.

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