43. Bonner Wirtschaftstalk NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart gegen Maskenpflicht im Handel

Bonn · Beim 43. Bonner Wirtschaftstalk im Kunstmuseum Bonn hat NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart für mehr Lockerungen in der Corona-Krise plädiert. Der FDP-Politiker nahm da auch den Einzelhandel nicht aus.

 Diskutierten beim Bonner Wirtschaftstalk: (Von links) NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart, Unternehmer Mathias Welteroth, Moderatorin Nathalie Bergdoll, Ulrike Lüneburg, Geschäftsführerin der B.A.D Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH, und Uwe Borges, Vorstandsmitglied Sparkasse Köln Bonn.

Diskutierten beim Bonner Wirtschaftstalk: (Von links) NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart, Unternehmer Mathias Welteroth, Moderatorin Nathalie Bergdoll, Ulrike Lüneburg, Geschäftsführerin der B.A.D Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH, und Uwe Borges, Vorstandsmitglied Sparkasse Köln Bonn.

Foto: Martin Wein

NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart hat sich trotz steigender Infektionszahlen für größere Lockerungen der Hygiene-Einschränkungen im öffentlichen Leben ausgesprochen. Beim 43. Wirtschaftstalk im Kunstmuseum Bonn plädierte der FDP-Politiker unter anderem für eine Aufhebung der Maskenpflicht im Einzelhandel. Diese sei nicht evidenzbasiert beschlossen worden.

In den sechs Wochen des strengen Lockdowns hätten Käufer und Beschäftigte in Supermärkten mangels Verfügbarkeit keinen Mund-Nasen-Schutz getragen, ohne dass es zu nennenswerten Ansteckungen gekommen sei. „Wir müssen vom emotionalen zu einem vernunftgeleiteten Umgang mit dem Virus kommen“, forderte Pinkwart. Leistungsstarke Lüftungsgeräte fingen mehr Aerosole aus der Luft als Masken. Die Wirtschaft und das Bildungswesen dürften bei einem weiteren Anstieg der Infektionszahlen keinesfalls erneut stillgelegt werden. Man müsse stattdessen die wirklichen Risikofaktoren ermitteln und hart dagegen vorgehen.

Großveranstaltungen unter freiem Himmel kann Pinkwart sich dagegen sehr wohl vorstellen. „Ich meine, es ginge schon manches mehr“, sagte er. Es sei durchaus denkbar, ein Fußballstadion mit 80.000 Plätzen mit 20.000 Zuschauern zu füllen.

Pinkwart: Krise als Innovations-Turbo für Deutschland

Insgesamt zeichneten die Diskutanten ein halbes Jahr nach Beginn der Virus-Krise ein überraschend positives Lagebild. Binnen weniger Tage habe die Sparkasse einen digitalen Kredit-Prozess mit vereinfachter Liquiditätsprüfung für Unternehmen aufgebaut. So habe man Firmen der Region mit einer halben Milliarde Euro frischer Kredite versorgen können, berichtete Uwe Borges, der erst im April mitten in der Krise als Vorstand das Firmenkundengeschäft bei dem kommunalen Kreditinstitut übernommen hat.

Unter dem Namen zusammenstehen.net sei zudem ein digitales Lagerfeuer für Unternehmer entstanden, um sich in der Krise zumindest virtuell auszutauschen. 2600 Besucher hätten bislang das Angebot genutzt. Auch nach der Krise soll es fortgeführt werden. Allerdings nehme er bei Kunden wie Mitarbeitern ein starkes Bedürfnis nach dem persönlichen Gespräch wahr, erklärte Borges, der sich selbst als „Handschlag-Banker“ bezeichnet.

Pinkwart: Krise als Inoovationsturbo

Unternehmer Mathias Welteroth berichtete, wie seine Lemo Maschinenbau GmbH in der Krise eine Chance witterte. Nachdem ein Mitarbeiter im Januar die „komische Stimmung“ in China wahrgenommen habe, machte man sich an die Entwicklung einer eigenen Maschine zur automatisierten Maskenproduktion. Das erste Exemplar ist inzwischen auslieferbereit. Weil Auslandsreisen derzeit kaum möglich seien, habe man im Außendienst eine Digital-Offensive gestartet. So helfen Mitarbeiter jetzt von Bonn aus mit VR-Brillen weltweit bei Wartungs- und Betriebsfragen. „Um seinen Arbeitsplatz muss sich trotzdem niemand Sorgen machen“, betonte Welteroth.

Ulrike Lüneburg, Geschäftsführerin der B.A.D Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH, betonte den neuen Stellenwert von Gesundheit auch in der Firmenpolitik: „Die Erfahrungen, die wir jetzt machen, werden wir nicht einfach wieder ablegen können“. Bei Fragen der Hygiene und des Gesundheitsschutzes wüchsen dauerhaft die Erwartungshaltungen an die Unternehmen.

Trotz der enormen Kosten wertet Pinkwart die Krise als Innovations-Turbo für Deutschland. Das Land werde besser aufgestellt aus dieser Zeit hervorgehen, glaubt er. Die Produktivität und die digitalen Kompetenzen – auch in der Landesverwaltung – hätten sich deutlich erhöht. Endlich seien notwendige Investitionen angestoßen worden, die man auch in der Landesregierung lange verschlafen habe, räumte Pinkwart etwa mit der Ausstattung der 200.000 Lehrer im Land mit dienstlichen Laptops ein.

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